Späte Erleuchtung – Strandabenteuer
3. Strandabenteuer
Einer unserer Betreuer, ein waschechter Ostfriese, der in dem Jugendheim arbeitete, war schwul – was ich zu der Zeit aber noch nicht so richtig verstand. Es fiel mir halt nur auf, dass er – im Gegensatz zu den anderen Betreuern – besonders viel am Strand mit uns unternahm – wir fanden es toll; natürlich hatten wir dort nur noch Badehosen oder Shorts an (und nicht die Jungschar-Uniform, auf die alle eigentlich so stolz waren). Mir gefiel es, meine Freunde so zu sehen, nur in den Höschen – und bei dem einen oder anderen Jungen musste ich tatsächlich aufpassen, nicht zu genau hinzuschauen! In der zweiten Ferienwoche „entführte“ Peer, unser Betreuer, uns eines Tages heimlich an den FKK- Strand – für Jungs in unserem Alter war das natürlich ein Abenteuer! Doch als wir losmarschierten, wussten wir noch nicht, wohin es gehen sollte.
Zunächst liefen wir kreuz und quer durch die Dünen; immer weiter entfernten wir uns vom „Camp“. Aber Peer schien genau zu wissen, wohin er will. Während wir so hinter ihm her trotteten, gab er uns noch ein paar Anweisungen. „Seid vorsichtig, die Nordsee ist gefährlich und heimtückisch!“ mahnte er uns. „Wer noch nicht so richtig schwimmen kann, darf bis höchstens zum Bauchnabel ins Wasser! Und für die Anderen gilt: Nur soweit raus schwimmen, dass ihr immer Boden unter den Füßen habt!“ Der Strand war fast menschenleer, nur ein paar Spaziergänger liefen unten im seichten Wasser umher. Erstmal sah alles ganz normal aus, doch dann entdeckten wir in einiger Entfernung rechts und links von der Stelle jeweils einen Holzzaun. Komisch! Peer schmunzelte nur und zeigte auf ein Sc***d, das wir alle nicht beachtet hatten. „Na, Bengels – ihr seid mir ja schöne Pfadfinder! An wichtigen Hinweisen lauft ihr einfach blind vorbei!“ meinte er, breit grinsend. Auf dem Sc***d war zu lesen: ´FKK- Bereich – Betreten für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren nur in Begleitung der Erziehungsberechtigten!´ Darunter noch das Symbol ´Für Hunde verboten´.
Ich war aufgeregt – ein Nacktbadestrand? Was würde nun passieren? Peer rief uns zusammen. „So, Kinnings, nu mal runter mit der Büx!“ sagte er in seinem friesischen Dialekt, den wir so gerne hörten, „hier braucht man keine Hosen!“ Alle schauten sich nur scheu an, während Peer seine Hose bereits ausgezogen hatte und nackt vor uns stand. Wir tuschelten – aber niemand traute sich, den Anfang zu machen. „Na los, fang Du an!“ raunten wir uns gegenseitig zu. „Nein, Du zuerst!“ So ging das eine kleine Weile, dann war es schließlich ausgerechnet Tommi, der als Erster ganz langsam seine Shorts ein Stück herunterzog. Doch auch er tat sich schwer damit, sein Höschen ganz auszuziehen. Immer wieder zögerte er, wenn er an die entscheidende Stelle kam. Plötzlich gab er sich einen Ruck, und die Shorts fielen zu Boden.
Zum ersten Mal konnte ich ihn ganz aus der Nähe sehen, ohne dass ein Kleidungsstück störte. Um seine Scham bildete sich bereits ein zarter Flaum, und im Gegensatz zu meinem war er fast riesig. Ich hatte meine Badehose noch an, doch auch ich verlor jetzt meine Scheu, als ich immer mehr meiner Kameraden nackt dort stehen oder sitzen sah. Ein komisches Gefühl war es aber schon, hier draußen am Strand das letzte Kleidungsstück auch noch fallen zu lassen – und wie mir schien, war ich nicht der Einzige, der so dachte. Es begann gewaltig zwischen meinen Beinen zu kribbeln – ich legte mich schnell auf den Bauch. Doch auf dem warmen Sand wurde es nur noch schlimmer – irgendwie hatte ich das Gefühl, ich bohre geradewegs ein Loch in den Strand und ich könnte nie mehr wieder aufstehen, ohne dass die Anderen mich so sehen. Einerseits war es ein tolles Gefühl, aber irgendwo war es mir auch furchtbar peinlich – vermutlich sah man mir das an, denn Peer, unser Betreuer, grinste leicht, als er mich da so liegen sah, mit dem nackten, weißen Popo nach oben und wahrscheinlich mit einem hochroten Kopf. Was ist das denn? Was ist mit mir los? Noch dachte ich mir nicht viel dabei, denn offensichtlich hatten auch die anderen Jungs etwas zu „verbergen“. Fast keiner wagte es, am Strand umherzulaufen – wir saßen oder lagen nur da, und versuchten, unserer Gefühle Herr zu werden.
Verstohlen sah ich zu Thomas hinüber; er saß im Sand, die Beine ganz dicht an den Körper gezogen und eng zusammengepresst. Beinahe wie auf ein geheimes Stichwort stand er plötzlich auf, seine Hände schützend über sein „bestes Stück“ haltend, und rannte hinunter in die See. Bei mir hatte sich die Erregung nun erstmal wieder etwas gelegt. Aber irgendwie hatte ich das Bedürfnis, mir diesen Boy in seiner Nacktheit doch noch einmal aus der Nähe anzuschauen. Also erhob auch ich mich und schlenderte ihm so unauffällig, wie ich konnte, hinterher. Tom stand bis fast zu den Hüften im Wasser und schaute nur hinaus aufs Meer. Eine leichte Brandung umspülte sein blankes Hinterteil, um kurz darauf wieder ein Stück die Sicht freizugeben. Langsam näherte ich mich ihm. Als er mich bemerkte, drehte er sich zu mir um, ging noch zwei Schritte tiefer in die Brandung, so dass ihm das Wasser nun bis zum Bauchnabel stand, und sah mich fragend an. Ich grinste – es war vermutlich das blödeste Grinsen, das ich aufsetzen konnte. „Was ist?“ fragte er mich. „Nichts, ich wollte auch nur mal ins Wasser“ antwortete ich ihm. Weiter sagten wir erstmal nichts. Nach und nach folgten uns noch ein paar der Jungs aus der Gruppe, hielten aber –warum auch immer- etwas Abstand zu uns. Die Anderen saßen oder lagen nach wie vor am Strand. Auch Peer hatte sich hingesetzt und blickte auf den Horizont.
Wieder sah ich Tommi an. Durch das klare Meerwasser konnte ich alles erkennen; sein Schwanz stand leicht vom Körper ab, die sanften Wellen wogen ihn hin und her. Das Wasser war angenehm warm – doch es regte sich trotz dieses Anblickes nichts bei mir. „Komm, lass uns ein paar Meter schwimmen!“ forderte ich Tom schließlich auf. Ich hatte gerade mein Fahrtenschwimmer- Abzeichen gemacht und war mächtig stolz darauf. Wir zogen ein paar Bahnen – aber immer so, dass wir noch so eben den Boden unter den ausgestreckten Zehenspitzen fühlten (das hatte Peer uns ja eingebläut, als wir an den Strand gingen), spritzten uns gegenseitig nass und waren für eine Weile albern wie kleine Kinder. „Schau mal! Kannste das auch?“ Thomas drehte sich auf den Rücken, schwamm so ein paar Meter und ich konnte erkennen, dass nun auch er sich „da unten“ wieder beruhigt hatte. „Klar kann ich!“ Prompt zog ich ebenfalls eine Bahn in Rückenlage, um es ihm zu beweisen. Schließlich mussten wir aus dem Wasser, und gingen zurück zu den Anderen – Peer hatte uns zusammengerufen. Da ich es nicht tat, bedeckte auch Tom nun nicht mehr seine Scham, sein Ding schwang bei jedem Schritt nach rechts und links gegen seine Beine. Die heiße Sonne trocknete schnell unsere Haut; wir zogen uns wieder an, und dann ging es zurück zum Jugendheim.
Es blieb unser einziger Ausflug zum FKK- Strand; Peer hatte scheinbar richtig Ärger deswegen bekommen. Sich nackt zu zeigen, war ja zu dieser Zeit, auf dem Wege vom Kind zum Mann, den Meisten von uns peinlich; selbst in den Schlafräumen hatten wir bis zu diesem Tag am Strand zumindest ein Höschen an und in den Duschen wurden entweder die wenigen Einzelkabinen genutzt oder man behielt einfach die Bade- oder Unterhose an, wenn diese gerade belegt waren und man die Gemeinschaftsduschen nutzen musste. Wir waren in den frühen 1970er Jahren und unser erstes Aufklärungsbuch war Ernst Bornemanns „Woher kommen die kleinen Mädchen und Jungen“. Natürlich war unser Ausflug abends in den Schlafräumen das Thema Nr.1. Mich ließ das Gefühl nicht los, dass Tommi und ich nun besonders beobachtet wurden; aber vielleicht kam es mir auch nur so vor. Trotzdem traute sich natürlich keiner, das Wort „schwul“ in den Mund zu nehmen. Stattdessen feixten wir gegeneinander: „Du hättest dich mal sehen sollen! Du hättest glatt als Streichholz gehen können, so ne Bombe hattest Du!“ Oder: „Ich wusste doch gleich, dass man bei Dir ne Lupe braucht!“ So ging das noch eine ganze Zeit weiter und endete fast in einer wilden Kissenschlacht, als die Nachtwache hereinkam und das Licht löschte. Also legten wir uns schlafen und träumten von diesem ereignisreichen Tag. Doch nun gingen wir, Schritt für Schritt, irgendwie anders mit unserer Sexualität um – fast keiner behielt beim Duschen mehr seine Hose an; und auch im Schlafraum drehte sich nun niemand mehr um, wenn er die Wäsche wechseln wollte. Es war ab jetzt nichts Besonderes, den Anderen nackt zu sehen.